Geometrische Ähnlichkeitssuche - Was ist das?

02. Feb 2017

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Oft fragen sich Anwender, was man denn überhaupt unter der geometrischen Ähnlichkeitssuche versteht, wie das funktioniert und wo es angewendet werden kann. Vielleicht gelingt es uns hier, einige der Fragen zu diesem Themenumfeld auf zu beantworten.

Was ist geometrische Ähnlichkeitssuche?

Es gibt grundsätzlich eine Vielzahl von mathematischen Abhandlungen zu diesem Thema mit der entsprechenden wissenschaftlichen Theorie. Im Kern geht es letztlich darum, 3D-Objekte oder Körper zu erfassen und daraus Merkmale zu extrahieren, die zur Auswertung eines geometrischen Vergleichs mit einem anderen 3D-Objekt oder Körper herangezogen werden können. Am Ende dieses Beitrags sind einige Quellen und Veröffentlichungen zu diesem Thema aufgelistet. Sie geben genügend Ansatzpunkte weiter zu recherchieren, wenn man sich für die Theorie interessiert und können sich unsere kostenlose Infobroschüre zu diesem Thema herunterladen.

 

Grundverfahren

Diese Verfahren zur geometrischen Suche werden in der Fachsprache als Shape Indexing, Geometric Retrieval oder 3D Content Retrieval bezeichnet. Alle diese Verfahren basieren auf Merkmalsextraktionen aus den 3D-Objekten. Die Verfahren unterscheiden sich allerdings dahingehend, welche Objekttypen und Körper hinsichtlich Ihrer Ähnlichkeit geprüft und bewertet werden sollen. So unterscheiden sich Verfahren zur Auswertung von Gesichtsformen, Skulpturen und biologischen Formelementen von Verfahren zur Prüfung von diskreten geometrischen Formen und Objekten wie sie im industriellen Umfeld verwendet werden.

 

Voraussetzungen zum Einsatz der Verfahren sind 3D-Daten

Voraussetzung für die Anwendung des Shape Indexing bzw. des 3D Content Retrieval Verfahrens, Körper oder 3D-Geometrien miteinander zu vergleichen ist das Vorhandensein einer 3D-Repräsenation der jeweiligen 3D-Objekte in Form eines Boundary Representation Modells (B-REP) einer Constructive Solid Geometry (CSG) oder triangulierter bzw. vernetzter Repräsentationen der Oberlflächen z.B. als STL-Modell. Bilder, Scans oder 2D-Darstellungen funktionieren für dieses Verfahren erst einmal nicht. Man müsste diese erst in eine 3D-Repräsentation überführen.

Diese ersten beiden Objektformen werden in der industriellen Praxis überwiegend durch CAD-Systeme erzeugt. Dies erfolgt über die Geometrie-Engine der CAD-Software, dem Geometriekern oder auch Modellierkern der CAD-Software. Weit verbreitete Geometriekerne sind z.B. der ACIS-Kernel von der Firma Spatial oder der PARASOLID-Kernel von SIEMENS. Über diese genannten Systeme hinaus, gibt es eine Vielzahl weiterer Systeme, die teilweise sehr branchenspezifisch eingesetzt werden. So werden im Werkzeug- und Formenbau, in der Medizintechnik, in der Elektrotechnik spezielle Programme eingesetzt. Letztlich erzeugen auch diese Systeme nur 3D-Repräsentationen der jeweiligen geometrischen Objekte. Über bekannte Schnittstellenformate wie STEP, JT, IGS oder ACIS können diese Systeme dann Modelldaten untereinander austauschen.

Die marktüblichen 3D-CAD-Systeme wie Catia, Solid Works, Creo, Inventor, Siemens NX, Solid Edge usw. erzeugen ihre Modelle auf der Basis der o.g. beiden Modellierkerne.

Für den Einsatz in der Praxis sollte also das Shape Indexing Verfahren zur geometrischen Ähnlichkeitssuche in der Lage sein, diese Objektformen problemlos zu erkennen und zu verarbeiten. Aus diesen 3D-Objekten sind dann relevante Merkmale zu extrahieren, die einen geometrischen Vergleich zur Auswertung und Bewertung der Ähnlichkeit der Objekte zu ermöglichen.

 

Anforderungen an die geometrische Suche

Die Anforderungen aus der Praxis für den Geometrieabgleich, geometrische -Bauteilsuche, Formenabgleich, Formenvergleich oder 3D-Suche - wie es oft auch unter Anwendern genannt wird - sind vielfältig. Jedes Anwenderspektrum hat naheliegender Weise ein anderes Anforderungsprofil. Der Anwender hat im Wesentlichen die Erwartungshaltung, sich mit der komplexen Theorie und der technischen Materie nicht auseinandersetzen zu müssen. Er will grundsätzlich keine komplizierte Parametereinstellungen vornehmen. Insofern muss die Software beim praktischen Einsatz einfach in der Handhabung sein. Bei der Verarbeitung der Geometriedaten aus den genannten Formaten sollte das System robust, also störunanfällig sein und die Originaldaten schnell verarbeiten. Letzteres ist eine relative Größe und wiederum von den Hardware-Parametern abhängig. Auch hier ist der Wunsch, mit herkömmlicher Standardhardware auszukommen.

Eine weitere sehr wichtige Anforderung ist, dass der Geometrievergleich oder Formenvergleich Rotations-, Koordinaten- und Symmetrie invariant sein muss. Dies bedeutet, dass die zu vergleichenden Objekte völlig unabhängig voneinander an unterschiedlichen Koordinaten im Raum positioniert und zueinander verdreht sein dürfen. Ihre Position und Rotation im Raum darf das Ergebnis des Geometrievergleichs nicht beeinflussen. Selbst wenn es sich um spiegelsymmetrische Bauteile (Rechts-Links-Teile) handelt, müssen diese als ähnlich zueinander erkannt werden.

Hier ein Beispiel aus der Kostenkalkulation: Es kommt sehr häufig vor, dass ein Anwender z.B. bei einer Kundenanfrage ein Catia-Modell der rechten Seite eines Bauteils oder eines ZSB erhält und im alten Anfragebestand ähnliche Linksteile oder ZSBs von der linken Seite vorhanden sind. Nur über diese Fähigkeit der spiegelsymmetrischen Invarianz können Rechts-Links-Teile problemlos miteinander verglichen und bewertet werden.

Ein weiteres Beispiel aus Fahrzeug-Zulieferpraxis: In der Fahrzeugentwicklung werden Bauteile und Komponenten immer in Fahrzeugkoordinaten konstruiert und ausgelegt. Ein Hersteller von Fertigungswerkzeugen schwenkt in seiner Konstruktion diese Bauteile und Komponenten in Werkzeuglage und arbeitet damit dann weiter. Es hat somit eine Koordinatentransformation von Fahrzeugkoordinaten in Werkzeugkoordinaten stattgefunden. Wenn nun ein Werzeugbauer ähnliche Objekte miteinander vergleichen möchte, sollte die Lage der Bauteile und Baugruppen im Raum keine Rolle spielen. Dies wird über die Koordinaten- und Rotationsinvarianz erreicht.

Die erforderlichen Zielgrößen zur Bestimmung eines Ähnlichkeitswerts werden durch ein gewichtetes Maß mehrerer mehr-dimensionaler Vektoren berechnet. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht darin, neben der ganzheitlichen Identifikation ähnlicher Objekte (Bauteile oder Baugruppen) auch ähnliche geometrische Segmente bzw. Teilbereiche aus den 3D-Objekten zu erkennen. Dies wird in der Literatur auch als sub domain search oder auch sub domain retrieval bezeichnet.

So können über dieses Verfahren beliebige Bereiche einer Geometrie markiert werden, die dann in anderen - auch artfremden Bauteilen oder Baugruppen - wiedergefunden werden.

Das hier eingesetzte shape indexing bzw. 3D content retrieval Verfahren ist auch in der Lage eine Klassifizierung bzw. ein Clustering von 3D-Objekten vorzunehmen. Dies kann vollautomatisiert erfolgen oder anhand von Referenzteilen "angelernt" werden. Darüber kann man eine große Anzahl von 3D-Objekten ordnen und strukturieren. Das automatische Clustering bzw. die Klassifizierung erfolgt anhand der bestimmten geometrischen Merkmale aus dem o.g. Shape Indexing Verfahrens zur geometrischen Suche und geometrischen Ähnlichkeitssuche. Zum Clustern können z.B. und optimierte und angepasste Formen des k-means-Algorithmus verwendet werden. Diese eingesetzten Verfahren zeichnen sich durch eine kurze Antwortzeit im Vergleich zu anderen Verfahren wie z.B. die Nearest-Neighbor-Heuristik , Support Vector Machines, künstliche neuronale Netze aus.

 

Fazit

Die geometrische Suche, CAD Bauteilsuche bzw. die geometrische Ähnlichkeitssuche ist ein robustes und sehr leistungsstarkes Verfahren, um in der industriellen Praxis in großen heterogenen Datenbeständen schnell und einfach passende Bauteile und Baugruppen zur Wiederverwendung zu finden. Die Einsatzbereiche reichen von der technischen Kostenkalkulation im Vertrieb über die Konstruktion und Entwicklung bis hin zur Standardisierung und Normung, der mechanischen Bearbietung CAM, der Qualitätssicherung QS, der Arbeitsvorbereitung und der Betriebsmittelkonstruktion bis hin zum Einkauf und der Beschaffung. Es erhöht die Effizienz in der Praxis auf sehr wirksame Weise. In Verbindung mit weiteren Methoden wie z.B. des Clusterings kann der automatische Formenabgleich zum Clustern und zur automatischen Klassifizierung der CAD-Daten verwendet werden.

 

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Weblinks

 

Einzelnachweise

Petrakis E., Faloutsos C.: ‘Similarity Searching in Large Image DataBases’, Technical Report CS-TR-3388, University of Maryland, 1994.

Mehrotra R., Gary J. E.: ‘Feature-Index-Based Similar Shape retrieval’, Proc. Of the 3rd Working Conf. on Visual Database Systems, March 1995.

Mehrotra R., Gary J. E.: ‘Feature-Based Retrieval of Similar Shapes’, Proc. 9th Int. Conf. on Data Engineering, Vienna, Austria, 1993, pp. 108-115.

Jagadish H. V.:‘A Retrieval Technique for Similar Shapes’, Proc. ACM SIGMOD Int. Conf. on Management of Data, 1991, pp. 208-217.

Helmer-Citterich M., Tramontano A.: ‘PUZZLE: A New Method for Automated Protein Docking Based on Surface Shape Complementarity’, Journal of Molecular Biology, Vol. 235, pp.1021-1031, 1994.

Alt H., Mehlhorn K., Wagener H., Welzl E.: ‘Congruence, Similarity and Symmetries of geometric Objects’, Discrete Computational Geometry 3, 1988, pp. 237-256.

Patente:

Patent 10 2007 039 337 B3 (http://google.com/patents/DE102007039337B3?hl=de&cl=fi)

Patent EP 2188747A1

(http://google.com/patents/EP2188747A1?cl=fi)

US-Patent 8,489,368 B2

(http://google.com/patents/US20110218778?hl=de&cl=fi)

Patent WO 2009/024130 A1 (http://google.com/patents/WO2009024130A1?hl=de&cl=en)


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